Österreich ist berühmt für Prädikatswein-Spezialitäten in großer Vielfalt. Die edelsüßen Vertreter wie Beerenauslese, Trockenbeerenauslese bzw. Ruster Ausbruch DAC sowie Eiswein und Stroh- bzw. Schilfwein begeistern Weinliebhaber rund um die Welt. Durch eine Veredelung der Trauben auf unterschiedliche Arten erhalten diese Weine ihren einzigartigen Charakter.

Geschichte

Knapp 500 Jahre reicht die Geschichte der edelsüßen Weine in Österreich zurück – und dennoch sind sie alles andere als verstaubt.

Schon 1526 entstand die erste Trockenbeerenauslese im pannonischen Raum. Im Edelhof des Freiherrn von Leisser in Donnerskirchen wurde eine große Menge rosinenartig eingeschrumpfter Beeren geerntet und daraus ein exzellenter Wein gekeltert. 1653 erwarb Fürst Paul Esterházy mit dem Edelhof diese Kreszenz und ließ sie in kleine Fässer umfüllen. Immer wenn zu festlichen Anlässen Wein entnommen wurde, füllte man mit ausgekochten Kieselsteinen auf, um ein Oxidieren zu vermeiden. Der letzte Tropfen wurde im Jahre 1852 auf Burg Forchtenstein verkostet. Somit erfreute dieser legendäre Prädikatswein 326 Jahre lang Generationen von Genießern.

Eine Spezialform der Trockenbeerenauslese ist in der historischen Freistadt Rust am Westufer des Neusiedler Sees zu Hause. Der Ruster Ausbruch hat eine sehr alte Tradition, denn er wurde bereits Mitte des 16. Jahrhunderts nachweislich erzeugt. Im Jahre 1681 vollzog der Reichstag von Ödenburg mit der Urkunde vom 3. Dezember die Erhebung des Marktes Rust zur königlichen Freistadt. Dafür mussten die Ruster Bürger Kaiser Leopold I. (1640–1705) in „echtem und flüssigem Gold“ bezahlen, nämlich mit der ungeheuren Summe von 60.000 Gulden und der gesamten Jahresernte von 500 Eimern (das sind 30.000 Liter) Ruster Ausbruch.

Zwei relativ junge Vertreter edelsüßer Weine sind Eiswein und Stroh- bzw. Schilfwein: Bereits zur Römerzeit war deren Herstellung bekannt, geriet jedoch mit der Zeit in Vergessenheit. Strohwein dürfte das erste Mal vom 19. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert in Österreich produziert worden sein. Erst in den frühen 1980er-Jahren erlebte er eine Wiedereinführung durch burgenländische Winzer. Ähnlich erging es dem Eiswein: Erst 1971 wurde der erste seiner Art in Österreich nahe des Neusiedler Sees geerntet. Heute fiebern Winzer österreichweit kalten Winternächten entgegen, um die begehrte Rarität in Flaschen füllen zu können.

Bereits die traditionellen Süßweine fanden ihren Weg an die Fürstenhöfe Europas bis nach St. Petersburg. Heute erleben sie in moderner Form eine erfreuliche Renaissance und haben Liebhaber auf der ganzen Welt. Edelsüße Weine werden in allen Weinbaugebieten Österreichs von Niederösterreich (vor allem Eiswein), über Wien bis in die Steiermark hergestellt. Als Zentrum, speziell für Beeren- und Trockenbeerenauslese, gilt jedoch das Burgenland. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es gerade dort seit 2020 sogar edelsüße Weine mit DAC-Herkunftsschutz gibt:

Das Bild zeigt die Weinstadt Rust.

Ruster Ausbruch DAC

Mit Blick auf den Neusiedler See wachsen unweit des Stadtzentrums von Rust die Trauben für eine besondere Trockenbeerenauslese: den Ruster Ausbruch DAC. Vom Anbau über die Ernte, bei der die geeigneten Beeren händisch selektiert („ausgebrochen“) werden, bis hin zur Abfüllung geschieht alles innerhalb der Stadtgrenzen. Das Ergebnis ist ein konzentrierter, jedoch ausgewogener Wein, der der „Stadt der Störche und des edlen Weins“ alle Ehre macht.

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Zu sehen ist der Neusiedler See und Gols.

Neusiedlersee DAC Reserve (edelsüß)

An der Ostseite des Neusiedler Sees liegt das gleichnamige Weinbaugebiet mit dem berühmten Seewinkel und seinen vielen Zicklacken (kleine Wasserflächen). Besonders hier sind die mikroklimatischen Voraussetzungen ideal für die Produktion von Süßweinen unter Mithilfe des Edelschimmelpilzes Botrytis cinerea. Vor allem jene aus der Sorte Welschriesling sind über die Grenzen hinaus bekannt.
 

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Produktion

Wundersame Veredelung

Während fruchtsüße Weine ihre Süße aus der Reife der Trauben beziehen, sind bei edelsüßen Weinen Prozesse, die über die natürliche Vollreife hinausgehen, für den hohen Zuckergehalt und vor allem den einzigartigen Geschmack verantwortlich. Die Reduktion des Wassergehalts in der Traube ist dabei wesentlich, um die Aromen zu konzentrieren.

Zu sehen sind von Botrytis befallene Trauben.
© ÖWM / Wirz, Robert Staudinger

Beerenauslese & Trockenbeerenauslese

Was zunächst unglaublich klingt, ist bei näherer Betrachtung tatsächlich ein kleines Wunder: Weine der Kategorien Beerenauslese (BA) und Trockenbeerenauslese (TBA) bestehen aus Trauben, die bei der Ernte teilweise oder ganz mit Schimmel überzogen sind.

Wenn reife Weißweinbeeren unter günstigen Bedingungen vom Pilz Botrytis cinerea befallen werden, entwickelt sich die sogenannte Edelfäule. Das Wachstum des Pilzes muss durch feuchte Luft gefördert werden, gleichzeitig soll das Wasser aus den Beeren verdunsten. Dies trifft vor allem dort zusammen, wo im Herbst nach Frühnebel warme, trockene Tage folgen – beispielsweise im pannonischen Raum rund um den Neusiedler See, der durch seine große Wasserfläche eine temperaturausgleichende Wirkung hat. Zunächst bilden sich einzelne „Botrytis-Nester“ in den noch gesunden Trauben, dann werden immer mehr Beeren befallen. Der Pilz durchdringt die Beerenhäute, nährt sich von der Flüssigkeit und durch die Löcher verdunstet Wasser, sodass nach einiger Zeit der Großteil der Beeren rosinenartig einschrumpft. Die verbleibenden Inhaltsstoffe wie Zucker, Säure und weiterer Extrakt sind nun sehr stark konzentriert.

Bei der Ernte ist besondere Sorgfalt notwendig, meist müssen die Beeren im Weingarten in mehreren Lesedurchgängen selektiert werden, um das gewünschte Ausgangsmaterial für die Qualitätskategorien Beerenauslese oder Trockenbeerenauslese bzw. Ruster Ausbruch DAC zu gewinnen.

Geduld verlangt auch die darauffolgende Arbeit im Keller: Je höher die Mostgradation (BA mind. 25 °KMW, TBA mind. 30 °KMW) und somit der natürliche Zuckergehalt im Most ist, desto schwieriger wird es für die Hefen, den Zucker in Alkohol umzuwandeln, sodass die Gärung mehrere Monate dauern kann. 
 

Ein Bild zeigt eine Traube Eiswein.
© ÖWM / Christian Bauer

Eiswein

Während andere bereits längst in Kellern vergären, warten die gesunden Trauben für Eiswein geduldig am Stock auf klirrend kalte Frostnächte. Denn erst bei einer Temperatur von –7 °C – und das über mehrere Stunden hinweg – gefriert das Wasser in den Beeren. Eiswein wird daher in der Nacht oder den frühen Morgenstunden gelesen.

Die Trauben müssen in gefrorenem Zustand geerntet und anschließend sehr schonend gepresst werden. Nur so bleibt das Wasser als Eisklumpen zurück und der Saft steckt voller Zucker (Mindestmostgewicht 25 °KMW), Aromen und weiteren Extraktstoffen. Je früher im Jahr Frost auftritt und je stärker er ist, desto zuträglicher ist es der Weinqualität, da die Traubengesundheit mit fortschreitender Zeit unter Druck gerät.
 

Traube liegt zum Trocknen auf Schilf.
© ÖWM / Angerhof Tschida

Strohwein/Schilfwein

Reife, gesunde Trauben werden auf Stroh, Schilfmatten oder an Schnüren über mindestens drei Monate hinweg getrocknet. Dadurch konzentrieren sich alle Inhaltsstoffe in den Beeren. Haben sie ein Mindestmostgewicht von 25–30 °KMW (je nach Trockenzeit) erreicht, sind sie bereit zur Kelterung. Edelfäule ist bei Stroh- oder Schilfweinen nicht gewünscht, daher müssen die Beeren regelmäßig untersucht und faule Exemplare händisch aussortiert werden. Voraussetzung für eine ideale Einschrumpfung der Trauben sind trockene, gut durchlüftete Räume – traditionell Dachböden oder heutzutage oft Folientunnel im Freien.

Aromenspiel

Abseits der Süße weisen edelsüße Weine je nach Rebsorte und vor allem je nach Produktionsmethode eine Vielfalt an Aromen auf.

Beerenauslese & Trockenbeerenauslese

Botrytis cinerea“ sind die Zauberworte, die die Aromen von Beerenauslesen und mehr noch von Trockenbeerenauslesen unvergleichlich machen. Die Weine sind dicht und konzentriert, ein angenehmes Süße-Säure-Spiel lässt sie gleichzeitig nicht zu üppig werden.

Die meisten der in Österreich kultivierten Reben eignen sich für die Gewinnung von Süßweinen: von Welschriesling , Chardonnay und Weißburgunder über die Frühsorte Bouvier (ein eifriger Zuckerproduzent) bis zu bukettintensiven „Schmeckerten“ wie Muskateller, Muskat Ottonel, Traminer, Sauvignon Blanc oder Scheurebe (Sämling 88). Und auch aus Österreichs Wein-Flaggschiff Grüner Veltliner keltern manche Winzer hervorragende BA und TBA.

Ein Bild zeigt die gezeichneten Icons "Honig", "Dörrobst", "Exotik", ""Weihnachtliche" Aromen", "Karamell", "Brioche.".
© ÖWM

Eiswein

Bei Eisweinen steht deutlich die Frucht im Vordergrund, begleitet von rassiger Säure. Konkrete Aromen sind abhängig von der verwendeten Rebsorte – meist Riesling, Grüner Veltliner, Traminer, Gelber Muskateller oder Scheurebe, eher selten auch rote Sorten wie St. Laurent, Zweigelt oder Merlot. Im Allgemeinen sind jedoch folgende Aromen typisch für diesen Weintypus:

Ein Bild zeigt Aromen-Icons für "Steinobst (Pfirsich)", "Kernobst (Birne)", "Exotik", "Karamell", "Zitrus".
© ÖWM

Strohwein/Schilfwein

Aufgrund der starken Trockenheit der Beeren sind Stroh- bzw. Schilfweine aromatisch zwischen Eiswein und (Trocken-)Beerenauslese anzusiedeln. Sie sind sehr dicht, jedoch durch ihre Säure gleichzeitig frisch. Beliebte Rebsorten für diese Art von Prädikatswein sind Scheurebe, Chardonnay, Traminer, Welschriesling , Zweigelt und Muskat Ottonel.

Ein Bild zeigt gezeichnete Icons zu den Aromen "Steinobst", "Exotik", "Honig".
© ÖWM

Lagerung & Service

Der hohe Zuckergehalt in Süßweinen hat eine konservierende Wirkung. Daher eignen sich edelsüße Tropfen hervorragend für eine längere Lagerung im Weinkeller. Mit der Zeit werden sie komplexer, Tertiäraromen wie getrocknete Marillen oder Walnuss entstehen, wodurch die Weine weniger süß wirken. Zudem wird auch die Farbe immer intensiver.

Die ideale Serviertemperatur für Süßwein liegt bei ca. 10 °C, die Trinktemperatur entsprechend 2 °C darüber. Dadurch wird die Süße nicht übermächtig und die Aromen können sich optimal entfalten.

Dazu trägt auch die Form des Weinglases bei. Grundsätzlich sollten Dessertweine aus nicht zu großen Gläsern getrunken werden, die sich nach oben verjüngen. Diese Tulpen- oder Apfelform bündelt die Duftstoffe. Alternativ kann auch ein Universalglas zur Hand genommen werden.

Zubehör für den Süßwein-Genuss

Mehr als nur Dessertwein

Für die Kombination von Wein und Speisen gibt es zwei Ansatzmöglichkeiten: Man achtet entweder auf komplementäre oder konträre Geschmackskomponenten. Klassischerweise verleihen edelsüße Weine also Nachspeisen wie flaumigem Kaiserschmarren, Apfelkuchen oder Crème brûlée den letzten Schliff. Süßliche Aromen in Wild und Geflügelleber werden gleichermaßen unterstützt.

Doch Gegensätze ziehen sich bekanntermaßen ebenso an. Daher gilt: Ist Schärfe im Spiel, nimmt ihr ein edelsüßer Wein die Spitze und vereint sich mit ihr zu einem Aromenerlebnis besonderer Tiefe. Beispielsweise wird die pikante Schärfe und Geschmacksintensität eines Blauschimmelkäses durch die elegante, geschmeidige Süße eines Prädikatsweins perfekt ausbalanciert. Und die asiatische Küche fordert geradezu nach aromatischen Süßweinen mit eleganter Struktur und balanciertem Frucht-Säure-Spiel.

Kulinarische Kombinationen

Links

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Broschüre „Flüssiges Gold“

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