Weinbau in der Großstadt? Oft handelt es sich dabei um Schauweingärten als Tourismusattraktion. Doch Wien ist anders. Hier ist die Rebfläche ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, dient der Erhaltung des Grüngürtels und ist die Basis für hohe Weinqualität. 2013 wurde die ­Spezialität Wiens, der „Wiener Gemischte Satz“ in die österreichische DAC-Familie aufgenommen und ist seither noch stärker der Inbegriff des Wiener Weins.

Weinbaufläche

575 ha (davon 224 ha gem. Satz)

Großlagen

Bisamberg-Wien, Kahlenberg, Nußberg, Maurerberg, Laaerberg

Gebiet & Wein

Noch im späten Mittelalter standen Reben auch innerhalb der Stadtmauern von Wien bis in den heutigen ersten Bezirk. Heute liegt der Schwerpunkt des Weinbaus in den Vororten am Stadtrand: Die Lagen am Bisamberg nördlich der Donau – bewirtschaftet von Winzern aus Strebersdorf, Stammersdorf und Jedlersdorf – sind günstig für die Burgunderfamilie. Von Ottakring über Hernals hinauf nach Pötzleinsdorf und vor allem im 19. Gemeindebezirk mit den Ortsteilen Heiligenstadt, Nussdorf, Grinzing, Sievering und Neustift am Walde sind Riesling, Grüner Veltliner, Chardonnay und Weißburgunder auf den unterschiedlich kalkreichen Böden bevorzugt. Wiederentdeckt wurde die Toplage Nußberg, die junge, ideenreiche Winzer aus allen Teilen der Weinstadt – auch Quereinsteiger – beinahe magisch anzieht. Im Süden Wiens mit Rodaun, Mauer und Oberlaa sind Rendsinen, Braun- und Schwarzerdeböden zu finden, gut für kraftvolle Weißweine und opulente Rotweincuvées.

Kaum ein Winzer verzichtet aber auf den traditionellen Gemischten Satz, bei dem im Weingarten verschiedene Rebsorten gemeinsam ausgepflanzt sind, die auch gemeinsam geerntet und zu Wein verarbeitet werden. 2008 wurde der „Wiener Gemischte Satz“ in die Reihe der österreichischen Produkte der Slow Food Arche des Geschmacks aufgenommen, 2013 erhielt er DAC-Status und ist seither der herkunftstypischste Wein des Weinbaugebiets Wien. Die entsprechende Verordnung schreibt vor, dass zumindest drei weiße Qualitätsweinrebsorten gemeinsam in einem Wiener Weingarten angepflanzt sein müssen, der im Kataster des Wiener Rebflächenverzeichnisses als Wiener Gemischter Satz eingetragen ist. Der größte Sortenanteil einer Rebsorte darf nicht höher als 50 % sein, der drittgrößte Anteil muss zumindest 10 % umfassen. Insgesamt sind in Wien rund 220 Hektar mit Gemischtem Satz bestockt. Dabei prägt das Terroir – wie oben beschrieben – auch die Rebsortenverteilung und Stilistik des Wiener Gemischten Satzes, je nachdem, aus welchem Teil Wiens er stammt.

Seit jeher beliebt war der Gemischte Satz in den einzigartigen Wiener Heurigen, deren Anziehungskraft bis heute besteht. Ob permanent geöffneter „Nobelheuriger“ mit großem Buffet oder kleine, versteckte Buschenschank mitten in den Weingärten, die nur wenige Wochen im Jahr „ausg’steckt“ hat – ein wahrer Besuchermagnet sind sie alle, für Einheimische wie für Touristen. Aufgrund ihrer herausragenden kulturellen Bedeutung wurde die Wiener Heurigenkultur 2019 sogar in das Nationale UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.

Damit Wiens Weingärten auch in Zukunft als Natur- und Kulturlandschaft erhalten bleiben, schreibt ein neues Wiener Landesgesetz zwingend vor, dass Rebflächen in Wien bewirtschaftet werden müssen, und schützt somit wertvolle Weinlagen vor Immobilien-Spekulationen.

Wien Nussberg
Wien

Wiener Gemischter Satz DAC

(seit Jahrgang 2013)

Rebsorten

Gemischter Satz: Die Trauben müssen aus einem Wiener Weingarten stammen, der mit zumindest drei weißen Qualitätsrebsorten bepflanzt ist, die gemeinsam gelesen und verarbeitet werden; der größte Sortenanteil einer Rebsorte darf nicht höher als 50 % sein, der drittgrößte Anteil muss zumindest 10 % aufweisen

Stufen
  • ohne Ried: ohne kleinere geografische Angabe als Wien; Verkauf ab 1. Dezember des Erntejahres
  • mit Ried: mit einer kleineren geografischen Angabe als Wien; Verkauf ab 1. März des auf die Ernte folgenden Jahres
Alkohol
  • ohne Ried: max. 12,5 % vol.
  • mit Ried: mind. 12,5 % vol.
Restzucker
  • ohne Ried: hat der Geschmacksangabe "trocken" zu entsprechen
  • mit Ried: muss nicht der Geschmacksangabe "trocken" entsprechen
Geschmacksprofil
  • ohne Ried: kein stark wahrnehmbarer Holzeinsatz
  • mit Ried: k.A.

Etikettierung

Herkunftsbezeichnung (incl. "DAC") ist auf dem Vorderetikett anzuführen.

 

Geologie

Die Weingärten am Bisamberg, in Döbling, Dornbach und Ottakring liegen auf Festgesteinen des penninischen Flysch und eingeschuppten Buntmergeln sowie auf marinen Randsedimenten des neogenen Wiener Beckens.
Den Flysch bilden teils kalkige, teils quarzreiche Sandsteine mit Mergel- und Tonlagen. Die Beckenrandablagerungen setzen sich lokal aus festen Kalksteinen (Leithakalk), teils aus lockeren, aber meist groben, sandig-kiesigen, seltener mergeligen Gesteinen zusammen, die vor etwa 16 bis 12 Millionen Jahren abgelagert wurden. Den Untergrund der Weingärten in Mauer und Kalksburg bilden ebenfalls Randsedimente des Wiener Beckens, die durch den Einfluss von Flüssen und Schuttströmen aus dem Wienerwald sandig-schottrig bzw. verfestigt als Konglomerate oder Brekzien ausgebildet sind.
Die Weingärten in Stammersdorf, am Hungerberg und in Oberlaa liegen auf Terrassen alter Donau-Niveaus aus quarzreichen Kiesen mit einer lehmigen Deckschicht und einem Unterbau aus meist kiesig-sandigen oder feinkörnigen, Tegel genannten, Sedimenten des Wiener Beckens.

 

Wien © ÖWM
Fleischlaberl mit Weißwein

© ÖWM / Blickwerk Fotografie

Kulinarik-Tipp

Beim Wiener Gemischten Satz denkt man unwillkürlich an eine zünftige Heurigenjause. Das ist nicht unbedingt falsch, denn nach wie vor begeistert seine frische, klassische Version im rustikalen Kontext von kalten Platten bis zu Schinkenfleckerl, Fleischlaberl und einem knusprigen Schweinsbraten. Die eleganten Spitzenweine aus guten Betrieben besitzen aber genug Eleganz für die feine Sterneküche und auch asiatische oder mediterrane Klassiker.

Links & Downloads

DAC-Verordnung Wiener Gemischter Satz

Kartenmaterial

Bildmaterial

Offizielle Webseite Wien

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